Gräber & Denkmäler
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Nach heutigem Forschungsstand (Mai 2018) kamen in St. Johann/Pg. insgesamt 3.818 Kriegsgefangene und Zivilpersonen ums Leben:
Sowjetunion: Von den insgesamt 3.744 sowjetischen Kriegstoten sind 167 in einem Massengrab im Ortfriedhof bestattet, 3.549 Kriegsgefangene und Zivilpersonen liegen am „Russenfriedhof“ begraben. 28 Opfer haben kein Grab, ihre Leichen sind für die anatomische Verwertung in das medizinische Institut Innsbruck gebracht worden. Jugoslawien: 51 jugoslawische Kriegsgefangene und Zivilpersonen sind nach dem Zweiten Weltkrieg am „Russenfriedhof“ beigesetzt worden. Die Kriegsgefangenen, die im Ortsfriedhof bestattet waren, wurden 1945 unter US-amerikanischer Verwaltung umgebettet. Frankreich: 15 französische Kriegstote wurden im Ortsfriedhof bestattet, am 3. Juni 1948 exhumiert und in ihre Heimat transportiert. Italien: 8 italienische Kriegstote wurden im Ortsfriedhof beerdigt, am 5. September 1957 exhumiert, in der KZ Gedenkstätte Mauthausen bestattet und später in ihre Heimat gebracht. |
Ortsfriedhof
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Im Ortsfriedhof von St. Johann/Pg., Wagrainer Straße (gegenüber der Pfarrkirche) befindet sich ein Massengrab mit 167 sowjetischen Kriegsgefangenen. Heute erinnert daran ein sowjetisches Denkmal, das 1949 errichtet wurde..
Im November 1941 trafen die ersten Bahntransporte mit sowjetischen Kriegsgefangenen ein. Viele starben auf der langen Fahrt, die anderen kamen entkräftet, ausgehungert und sehr krank am Bahnhof St. Johann/Pg. an. Zuerst wurden die Leichen der sowjetischen Kriegsgefangenen auf Pferdefuhrwerken in den Ortsfriedhof gebracht. Da für die zahlreichen Toten nicht mehr genug Platz war, wurde Anfang des Jahres 1942 ein Lagerfriedhof in der Nähe des Nordlagers, wo die sowjetischen Kriegsgefangenen inhaftiert waren, errichtet. |
"Russen-
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Zirka zweieinhalb Kilometer nördlich vom Zentrum der Stadt St. Johann/Pg. liegt unterhalb der B 311 der „Russenfriedhof“. Beim Knoten Altach leitet ein Wegweiser an der Bundesstraße zur Zufahrt des „Russenfriedhofs“. Der Lagerfriedhof hat sich im Volksmund als „Russenfriedhof“ eingeprägt.
In zwei Massengräbern und fünf Einzelgräbern liegen 3.549 sowjetische Kriegsgefangene und Zivilpersonen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden hier 51 jugoslawische Kriegsgefangene und Zivilpersonen bestattet. Die sowjetischen Denkmäler und Grabsteine wurden 1949 errichtet. 1969 wurde die Liegenschaft des Lagerfriedhofs an das Bundesministerium für Bauten und Technik verkauft. 1973 wurde der Friedhof einer Neugestaltung unterzogen. Die noch bestehenden Grabhügel des Sowjetteils wurden eingeebnet, die verschiedenartigen Grabzeichen des jugoslawischen Teils entfernt und durch einen zentralen Gedenkstein ersetzt. Heute sind für dieses Areal das Innenministerium und die Bundesimmobiliengesellschaft zuständig, für die Pflege der Anlage das Schwarze Kreuz. |
Gedenkstein oberhalb der Bezirkshauptmannschaft
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Dieser wurde am Badweg, Zufahrt zum Schwimmbad hinter der Bezirkshauptmannschaft, errichtet. Die Enthüllung fand am 21. Juni 1949 statt. Er erinnert an 3.709 sowjetische Kriegsgefangene, die in den Massengräbern in St. Johann/Pg. bestattet sind.
Am 20. Juni 1949 fanden im Rahmen einer Gedenkfeier die Denkmalenthüllungen auf dem Kommunalfriedhof der Stadt Salzburg und auf dem „Russenfriedhof“ in Grödig statt. Am Tag darauf wurden die sowjetischen Denkmäler in St. Johann/Pg. und Kaprun enthüllt. Das Salzburger Tagblatt berichtete darüber hier und hier. |
Erinnerungs- und Informations-
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Auf Initiative der „Geschichtswerkstatt St. Johann/Pg.“ schuf der Künstler Karl Hartwig Kaltner drei Informations- und Erinnerungsstelen und brannte historische Fotos und Aufschriften in vier Sprachen ins Glas. Sie wurden außerhalb des „Russenfriedhofes“ auf dem Grund des Eigentümers Hannes Schwaiger errichtet. Knapp ein Drittel der Kosten übernahm die Kulturabteilung des Landes, mehr als zwei Drittel steuerte die Gemeinde St Johann/Pg. bei.
Fotos von Christina Nöbauer
Im Rahmen einer feierlichen Eröffnung wurden am 5. Mai 2018 die Stelen enthüllt. Vsevolod Vasilenko, Konsul der Russischen Föderation in Salzburg übermittelte Grußworte der Botschaft, der Künstler Karl Hartwig Kaltner verwies auf die individuelle und kollektive Bedeutung der Erinnerung und Bürgermeister Günther Mitterer betonte, dass die Stadtgemeinde St. Johann/Pg. die Gedenkarbeit sehr unterstütze.
Peter Sixl aus Graz gab anhand konkreter Beispiele Einblick in seine unermüdliche Forschungsarbeit zur Identifizierung sowjetischer Kriegsgefangener. Mit Unterstützung der Russischen Botschaft in Wien und vieler ehrenamtlicher Helfer wurden bis jetzt 81.000 Daten von sowjetischen Kriegsgefangenen, Soldaten, Offizieren, Zwangsarbeitern und KZ-Häftlingen, die in Österreich ums Leben gekommen sind, gefunden. Zum Lager St. Johann/Pg. konnten 1.167 sowjetischen Opfern die Namen zugeordnet werden. Nach den Reden sang der Demokratische Chor Braunau die Mauthausen-Kantate von Mikis Theodorakis. Fotos von der Eröffnungsfeier von Gerald Ramusch finden Sie hier. |
Namensliste der sowjetischen Opfer in St. Johann/Pg.
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Während für die Kriegstoten aus Jugoslawien, Frankreich und Italien die Namen und das Todesjahr aufscheinen, sind die sowjetischen Toten als Namenlose bestattet worden. In St. Johann/Pg. sind nur auf den Grabsteinen der Offiziersgräber fünf Namen mit dem Todesjahr 1945 angeführt, all die anderen 3.739 Verstorbenen sind anonym begraben worden.
Eine Liste der Namen finden Sie hier. |
Sowjetische Kriegsgefangene auf dem Seziertisch
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Unter den 128 Leichen, die während der NS-Zeit von 1938 bis 1943 an das Institut für Anatomie der Medizinischen Universität Innsbruck kamen, waren 39 sowjetische Kriegsgefangene. 28 sowjetische Opfer stammten aus dem Kriegsgefangenenlager Stalag XVIII C St. Johann/Pg.
Der Historiker Michael Mooslechner und Ing. Peter Sixl identifizierten insgesamt 20 sowjetische Kriegsgefangene. Da bei den sowjetischen Kriegsgefangenen aus St. Johann/Pg. die persönlichen Angaben fehlten, konnten bisher nur die Namen von 9 Opfern ausfindig gemacht werden. Eine Tabelle finden Sie hier. |
Gedenken an die Opfer
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Vor 80 Jahren wurde in St. Johann/Pg. das Kriegsgefangenenlager STALAG XVIII C „Markt Pongau“ errichtet, am 22. Juni 1941 überfiel die deutsche Wehrmacht die Sowjetunion und begann einen beispiellosen Vernichtungskrieg.
Gedenkfeier mit Kranzniederlegung am 26.10.2021 Sergej M. Maguta, Generalkonsul der Russischen Föderation in Salzburg, verweist in seiner Ansprache darauf, wie wichtig für die Menschen in Russland die Erinnerungskultur ist und dass für die jüngere Generation die historischen Ereignisse wach zu halten sind. In seiner Rede legte der Historiker Michael Mooslechner dar, dass die Vernichtung der Menschen aus der Sowjetunion durch Hunger konsequent umgesetzt wurde: „Bei der Blockade Leningrads von 1941–1944 mit einer Million Hungertoten und bei der Dezimierung der sowjetischen Kriegsgefangenen durch Hunger, mit ca. 3 Millionen Toten.“ |
© Karl Hartwig Kaltner
© Florian Pichler und Michael Lamp
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