Karl und Charlotte Schneider |
Karl Schneider wurde am 10. November 1876 in Gratzen (Böhmen ÖU) geboren. Er heiratete Charlotte Willheim, die am 30. August 1876 in Groß-Meseritsch (Mähren ÖU) zur Welt kam. Das Ehepaar war mosaischen Glaubens, zog nach St. Johann/Pg. und hatte zwei Kinder, Else und Friedrich. 1910 kaufte Karl Schneider das „Judenreithaus“ Nr. 26 neben dem ehemaligen "Elisabethinum" und wohnte dort mit seiner Frau bis 1938. Karl Schneider war von Beruf Schneider und besaß ein Geschäft. Schon 1932 protestierte ein Gemeindevertreter der NSDAP gegen die Bestellung von Wäscheartikeln beim Kaufhaus Schneider und stellte den Antrag, sie in anderen Geschäften zu kaufen.
Karl Schneider galt als der „Arme-Leut“-Schneider. Frau Maria Bommer aus St. Johann weiß aus den Erzählungen ihres Vaters, dass der „Schneider Jud“, so wurde Karl Schneider bezeichnet, bedürftigen Menschen Preisnachlass gewährte. Kurz nach dem „Anschluss“ wurden Karl und seine Frau aus St. Johann/Pg. vertrieben und ihr Besitz wurde arisiert. In den wenigen Monaten von März 1938 bis zu ihrer Vertreibung wurde ihr Geschäft bewacht, um Personen ausfindig zu machen, die sich trotz antisemitischer Hetze der NSDAP nicht davon abhalten ließen, dort einzukaufen. Das Ehepaar Schneider wurde nach Wien abgeschoben. Die letzte Wohnadresse war Wien 9, Grünentorgasse 10. Karl und Charlotte Schneider kamen am 23. Oktober 1941 mit dem 8. Transport unter den Nummern 709 und 710 ins Ghetto Lodz (Litzmannstadt). Ihre dortige Ghettoadresse war Alexanderhof 28/12. Karl starb im Ghetto am 28. Juni 1942. Charlotte wurde am 08. September 1942 von Lodz nach Chelmno (Kulmhof) deportiert und dort einen Tag später in einem Gaswagen ermordet. Ihre Tochter Else, am 25. April 1908 in St. Johann/Pg. geboren, heiratete 1933 in der Salzburger Synagoge Felix Preis und wohnte in Klagenfurt. 1938 übersiedelte Felix Preis mit seiner Frau und seinen beiden Kindern nach Wien und suchte um eine Ausreiseerlaubnis an, welche aber abgewiesen wurde. Am 20. August 1942 wurde die Familie Preis mit dem Transport IV/8 von Wien in das KZ Theresienstadt deportiert. Dort starb Felix Preis am 29. Februar 1944. Seine Frau Else wurde mit ihrem Sohn Peter und ihrer Tochter Eva am 16. Mai 1944 in das KZ Auschwitz überstellt, wo sie ermordet wurden. Der einzige Überlebende der Familie Schneider war der am 5. Februar 1905 in St. Johann geborene Sohn Friedrich, der Medizin studierte, Arzt in Mühlbach am Hochkönig und St. Johann/Pg. war und 1939 nach England flüchtete. Er beantragte 1949 die Todeserklärungen für seine Eltern Karl und Charlotte Schneider, für seine Schwester Else Preis, seinen Schwager Felix Preis, seine Nichte Eva und für seinen Neffen Peter. Dr. Friedrich Schneider starb 1983 in Bromsgrove, Worcestershire. Erinnerungen von Maria Bommer „Karl Schneider, im Volksmund „Schneider-Jud“ genannt, war es, der meinem Vater geholfen hat, als dieser, in einer schwierigen Zeit, arbeitslos und „ausgesteuert“, also ohne jegliche Unterstützung war. Als mein Vater in den 30er Jahren im Winter ohne warme Jacke vor dem Geschäft des Karl Schneider stand und in der Auslage einen Überrock betrachtete, fragte ihn dieser, ob er sich denn einen solchen Überrock kaufen möchte. Mein Vater verneinte diese Frage natürlich, denn er konnte sich eine solche Jacke nicht leisten. Karl Schneider hat nicht lange überlegt und einfach gesagt: „Kannst den Überrock haben und wennst wieder einmal Arbeit hast und was verdienst, dann zahlst ihn mir.“ Dazu ist es leider nicht mehr gekommen, denn der „Schneider-Jud“ und seine Frau sind dem unmenschlichen Nazi-Regime zum Opfer gefallen! Für mich, die dieses Erlebnis bereits in der Kindheit bewegte, ist es Auftrag und Verpflichtung, alles zu tun, um an der Aufarbeitung der Vergangenheit und gegen das „Vergessen“ mitzuwirken.“ Maria Bommer im Juni 2014 |
Quellen:
Israelitische Kultusgemeinde | Salzburg und Wien
Stadt- und Landesarchiv | Salzburg und Wien
Robert Stadler und Michael Mooslechner | St. Johann/Pg. 1938 – 1945
Gespräch mit Frau Maria Bommer | St. Johann/Pg.
August Walzl | Juden in Kärnten – der Fall Preis als Exempel, in: "Zeitgeschichte" | Heft 5, S. 183–193 |Wien 1983
Verein Lernen aus der Zeitgeschichte | Wien
DÖW
Recherche: Annemarie Zierlinger und Christoph Howanitz | Thomas Mitterhuber |Roland Höller | Fabian Klappbacher und Roman Zehentner | Schüler der 4C-Klasse des Gymnasiums St.Johann/Pg, 2003 | Gert Kerschbaumer
Israelitische Kultusgemeinde | Salzburg und Wien
Stadt- und Landesarchiv | Salzburg und Wien
Robert Stadler und Michael Mooslechner | St. Johann/Pg. 1938 – 1945
Gespräch mit Frau Maria Bommer | St. Johann/Pg.
August Walzl | Juden in Kärnten – der Fall Preis als Exempel, in: "Zeitgeschichte" | Heft 5, S. 183–193 |Wien 1983
Verein Lernen aus der Zeitgeschichte | Wien
DÖW
Recherche: Annemarie Zierlinger und Christoph Howanitz | Thomas Mitterhuber |Roland Höller | Fabian Klappbacher und Roman Zehentner | Schüler der 4C-Klasse des Gymnasiums St.Johann/Pg, 2003 | Gert Kerschbaumer